Dieses „los Lassen“ um offen zu sein für andere Ideen – das habe ich während meiner Zeit in Argentinien schon öfter ausprobiert. Es entspricht meinem Naturell: weg mit dem Reiseführer und der europäischen Zeitplanung, dafür mit den Menschen plaudern und immer ein offenes Ohr für Tipps haben. Damit entdeckt man oft „Schätze“, wie beispielsweise dieses Paradies in Palomino, das mir in Medellin Daniels Familie empfohlen hat. Natürlich gibt es beim Reisen kein „richtig“ oder „falsch“. Jeder muss selbst seinen persönlichen Reisestil finden. Da ich alleine reise habe ich viel Zeit zu beobachten, führe viele Gespräche mit anderen Reisenden aber auch mit vielen Touristen. Dabei unterscheiden sich diese zwei Gruppen auf den ersten Blick offensichtlich gar nicht: jeder schleppt einen großen Rucksack mit sich herum und hat viele Geschichten zu erzählen. Beim genaueren Hinsehen merkt man die Welten, die zwischen diesen unterschiedlich motivierten Gruppen stehen. Um meine Erfahrungen zu verstehen, habe ich einige Schlagwörter in diesem Zusammenhang gesammelt und meine Gedanken dazu notiert:
Checklisten – verwende ich hauptsächlich zum Packen. Ich mache schon jedes Mal eine Challenge daraus, meinen Rucksack so leicht wie möglich zu packen. Diesmal war ich mit rund 13kg gar nicht schlecht, bedenkt man, dass ich auch warme Sachen mitnehmen musste (Bogota und LA). Inspirieren lasse ich mich dabei hier (Planet Backpack) und hier (Pink Compass – speziell für Mädls).
Routen-Planung – eine grobe Reiseroute sollte man auf jeden Fall im Kopf haben. Ich hatte auch ca. eine Ahnung, welche Orte auf meinem Weg liegen werden. Jedoch halte ich mir jegliche Änderungen offen. Manche Orte, die ich gebetsmühlen-Artig wiederholt von Backpackern in den Hostels gehört habe, hab ich sogar absichtlich ausgelassen. Und manchmal sagt der Bauch/Körper auch einfach: stop, bleib wo du bist und genieße! Wie beispielsweise in Kolumbien passiert.
Zeitpläne – auch hier ist es schwer zu Hause die Distanzen zu schätzen und tatsächlich benötigte Zeit zu planen. Mancher Ort ist oft überraschend nett und ich bleibe einfach länger. Manche Tipps entpuppen sich als ganz schrecklich (Santa Marta in Kolumbien beispielsweise) und ich ziehe ganz schnell weiter. Generell sind mindestens 2-3 Nächte an einem Ort schon ganz gut. Selbst das wird oft anstrengend, denn der ständige Wechsel lässt einen kaum zur Ruhe kommen. Daher gilt auch hier: flexibel bleiben! Ich habe viele getroffen, die nur eine bestimmte Zeitspanne haben und da möglichst viel rein quetschen wollen. Das artet dann in Stress aus und die Entspanntheit, um Orte und Eindrücke zu genießen fehlt. Lieber viel Puffer lassen!
Ausgetretene Routen – gibt es viele! Und die Spots, die man gesehen haben „muss“ finden sich im Lonely Planet. Ich mache das ein bisschen anders: Ein Grund, warum ich Spanisch lernen wollte war, mich in Südamerika mit den Locals zu unterhalten und zu erfahren, was eben nicht im Lonely Planet steht. So habe ich schon viele Orte gefunden, die vielleicht kein Highlight für jeden sind, aber zu meinen persönlichen Hits wurden. Beispielsweise einen Rio in der Nähe von Villa Rosa in der Sierra abseits von Cordoba in Argentinien. Oder der Besuch eines Dorffestes mitten in der Abgeschiedenheit der Ruta 40, oder der Markt im kolumbianischen Riohacha. Ich muss nicht immer die Top-Sehenswürdigkeiten abhaken, viel wichtiger ist es mir, das Leben, die Kultur und die Eigenheiten eines Landes kennen zu lernen.
Backpacker Life & Hostels – ich habe überhaupt kein Problem in einem „Dormitorio“ mit 12 wildfremden Menschen zu übernachten, eine allgemeine Dusche zu benutzen und wochenlang aus meinem Rucksack zu leben. Auf Reisen braucht man eigentlich nicht viel. Ein frisches T-Shirt, heißes Wasser in der Dusche oder die eigene Steckdose neben dem Bett – man lernt die kleinen Dinge zu schätzen. Dennoch freue ich mich immer wieder, wenn ich bei Locals unterkomme. Weniger wegen einem eigenen Zimmer und der Möglichkeit, seinen Rucksack vollkommen zu entleeren, sein Zeug einfach herum liegen zu lassen – na ja, vielleicht doch ein bisschen deshalb! Vielmehr aber wegen dem Beisammen sein mit Einheimischen, dem Erleben des Alltags und den Gesprächen über das Leben im Land, der politischen Situation, den Schwierigkeiten und Freuden. Mich interessiert die Realität der Menschen im Land! Mit Backpackern hat man in 90% der Fälle immer die gleichen Themen und bewegt sich mehr auf der Ebene der Aussensicht, dem ständigen Vergleich von „wie ist das bei uns“. Manchmal ist es aber auch ganz fein, sich über andere Bräuche gemeinsam zu wundern. Besonders wenn man andere, weit Gereiste, Gleichgesinnte trifft, wie beispielsweise Sonja und Klaus, ein sympathisches österreichisches Pärchen auf Weltreise, die ich in Palomino kennen gelernt habe.
Falsche Maßstäbe
Andere Länder, andere Regeln: in einem Dörfchen an der karibischen Küste in Kolumbien kann man nicht davon ausgehen, dass man 24h eine Internet-Verbindung wie zu Hause hat, geschweige denn, dass es rund um die Uhr Strom gibt. Manchmal zahlt man als Tourist einfach drauf, weil einen die Einheimischen übers Ohr hauen. Da kann man nur daraus lernen und beim nächsten Mal schlauer sein. Preise checken macht schon Sinn, aber wenn es darum geht ob die Nacht im Hostel 14 oder 15 Euro kostet, das Abendessen 5 statt 4 Euro – dann läuft meiner Ansicht nach etwas falsch! Denn genau das macht ja eigentlich den Reiz des Reisens aus: sich auf neue Situationen einzustellen und seine Komfortzone zu verlassen!
Lachen
Jeder Reisende ist auf der Suche nach seinem persönlichen Glücksgefühl. Am Strand führe ich – auf Spanisch – ein interessantes Gespräch darüber mit einem aus Venezuela stammenden Mädel. Sie verkauft handgemachte Armbändchen und Ketten und zusätzlich macht sie noch Musik. Wir plaudern darüber wie wir reisen, wie wir das Leben sehen und wir lachen viel. Victor, ein Kolumbianer aus Cali, erzählt mir, wie er vor dem Haus seiner Großmutter angeschossen wurde, von Auftragskillern, die eigentlich seinen Nachbarn umbringen wollten. Mir wird flau im Magen bei der Geschichte, klingt das für mich doch so fremd und fern, wie aus einem Film. Obwohl wir aus so unterschiedlichen Welten kommen, ganz andere Erfahrungen gemacht haben, finden wir unendlich viele Gemeinsamkeiten wie beispielsweise die Liebe zum Meer oder den exakt gleichen Musikgeschmack.
Fazit meiner sehr persönliche Gedanken
Touristen akzeptieren nicht, dass es in anderen Ländern eine andere Mentalität gibt, nehmen Erwartungen von ihrem Alltag mit, bleiben gerne unter sich, brauchen einen Plan und einen Weg
Reisende öffnen ihr Herz für neue Erfahrungen, gehen unvoreingenommen auf andere zu, lassen sich auf unvorhersehbare Momente ein, lachen und genießen das Leben on the road!
Ich bin eine Reisende
Sich mit Händen und Füssen verständigen, vom Weg abkommen und ganz woanders ankommen, Emotionen auskosten, neue Menschen treffen, traurig sein, wenn man weiter fährt, mit dem Herzen entscheiden und nicht mit dem Kopf, Lebensgeschichten hören, den Moment zu l(i)eben und sich am Ende schweren Herzens zu verabschieden: das ist, was Reisen für mich ausmacht!
Und ich hoffe, niemand fragt mich mehr, wie mein „Urlaub“ gewesen ist!
4 Kommentare » Schreibe einen Kommentar